Historie
Entstehung des Ortes Liuhidi
Der Ortskern Lügde ist eine uralte Siedlung, die Entstehung des Ortes selbst ist in die frühgeschichtliche Zeit, also um oder in die ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt zu legen. Schon der Name des Ortes weist in seiner zuerst überlieferten Form Liuhidi und Liuhith in die graue Vorzeit. Der Ortsname lässt sich nur schwer oder gar nicht deuten, er ist auch kein eigentlicher Siedlungsname.
Die am meisten vertretene Meinung geht dahin, dass es sich schlichtweg um eine Flurstelle handelt, auf der es viele „LIU”, also viele Leute oder auch Lüe (plattdeutsch) gab. So wurden zum Beispiel in der „Poeta Saxo” nach der Teilung des alten Sachens in drei Teilgebiete (im 9. Jahrhundert) deren Bewohner mit „Liudi” bezeichnet.
784 n. Chr. Karl der Große feiert Weihnachten in Luihidi
Andere Heimat- beziehunsgweise Sprachforscher gehen davon aus, dass der Name Lügde „Licht” bedeutet. Sehr viele Orte in Europa, die mit der Vorsilbe „LUG” beginnen, weisen hierauf hin. Auf die letztere Namensdeutung könnte auch der Lichtkult (Osterräderlauf) deuten. Erstmalig tritt die Stadt in Erscheinung im Jahre 784. In diesem Jahr feierte Karl der Große das Weihnachtsfest unweit der Skidrioburg (Herlingsburg) am Emmerfluss in der Ansiedlung Luihidi. Das „Luihidi” des 8. Jahrhunderts lag allerdings nicht an der Stelle, an der sich der heutige Ort (Ortskern) Lügde befindet.
Der Ort befand sich vielmehr im Ollenlüderfeld (zwischen Lügde und Bad Pyrmont - Holzhausen). Darüberhinaus wird es noch weitere zahlreiche verstreut liegende Wohnplätze (Höfe) gegeben haben. Der Ortskern in seiner heutigen Anlage entstand um 1245. In diese Zeit fällt auch der Bau der heute noch zum Teil erhaltenen Befestigungsanlage (Stadtmauer, Wehrtürme, Wallgrabenanlage).
Die Stadt ist mehrfach Handelsobjekt zwischen Fürsten und Kirchen gewesen. Bis zum Jahr 1255 befand sich die Stadt im Eigentum der Pyrmonter Grafen, die ab diesem Zeitpunkt die Hälfte der Stadt an den Erzbischof von Köln abtraten. Die Besitzverhältnisse spiegeln sich im Lügder Stadtwappen wieder (links im Wappen das Ankerkreuz der Grafen von Pyrmont, im rechten Feld einen senkrechten Schlüssel (den Schlüssel Petri - Erzbistum Köln).
Durch die Zuordnung zum Kreis Lippe (1970) wurde das Wappen durch die Lippische Rose (im unteren Feld des Wappens) erweitert und zeigt somit auch die Zugehörigkeit der Stadt zum Kreis Lippe.
Verleihung der Stadtrechte
Wann die heutige etwa um 1245 gegründete Stadt Lügde Stadtrechte erhielt, ist durch kein schriftliches Zeugnis belegt.
Auf einer im Jahre 1195 in der Münzstätte Lügde geprägten Münze des Grafen Gottschalk I. von Pyrmont wird Lügde schon als „Lud civitas” bezeichnet. Aus der Tatsache, dass Lügde schon damals das Recht zur Prägung von Münzen hatte, könnte gefolgert werden, dass Lügde zu dieser Zeit schon Stadtrechte besaß. Mit dem Bau der Befestigungsanlagen ist, wie aus verschiedenen Urkunden vermutet werden kann, kurz vor 1240 begonnen worden. Fertiggestellt wurden die Anlagen gegen 1246. Als spätestes Datum der Verleihung der Stadtrechte wird man wohl dieses Datum annehmen müssen.
Historischer Stadtkern
Die Gründung der Stadt wird auf etwa das Jahr 1245 datiert. Verleihungsurkunden der Stadtprivilegien sind nicht mehr erhalten. Sicher ist jedoch, dass die Stadt nach dem sogenannten „Lippischen Drei-Straßenmodell” angelegt worden ist, das heißt für die Stadtgründung wurde lippisches Recht gewählt (etwa Stadtrecht von Lippstadt und Lemgo in vielleicht etwas abgeänderter Form). Lügde wurde als „Festungskleinstadt“ planmäßig angelegt, sie war befestigter Mittelpunkt für die Territorialpolitik der Grafen von Pyrmont bis zum Jahr 1668.
Die Stadt wurde planmäßig angelegt, sie ist – trotz mehrerer Großbrände – nahezu im Grundrisscharakter erhalten geblieben. Die Altstadt wird geprägt durch die frühklassizistischen Fachwerkackerbürgerhäuser mit ihren typischen hallenartigen Deelen und die Wall- und Grabenzone mit zwei komplett erhaltenen Stadttürmen und Stadtmauer. Drei dominierende Längsstraßen sind durch schmale Querstraßen leiterförmig miteinander verbunden, der lang-ovale Stadtgrundriss mit überwiegend klein strukturierten Grundstücken ist bis heute praktisch unverändert erhalten geblieben. Die Grenzen des historischen Stadtkernes sind durch die etwa 1500 Meter lange Stadtmauer mit Wehrtürmen und Wehrgraben deutlich ablesbar. Die Stadt gehört mit zu den geschlossensten Ackerbürgerstädten unseres Landes und ist deswegen auch Mitglied in der Gemeinschaft „Historische Stadtkerne in Ostwestfalen/Lippe.”
Die Altstadt wurde von 1980–1991 mit erheblichen Aufwand saniert. Im Tiefbaubereich wurden Straßen als verkehrsberuhigte Zonen neu angelegt. Über besondere Förderprogramme wurden dann von den Anliegern Gebäude renoviert und denkmalgerecht wiederhergestellt.
Stadtwappen
Das in Lügde verwendete Wappen stellt einen silber und schwarz gespaltenen Schild dar; links ein rotes Ankerkreuz, rechts ein aufrechter silberner Schlüssel mit einwärts gekehrtem Bart. Ab Großgemeindebildung (01.01.1970) wurde dem Wappen noch die Lippische Rose unter dem Ankerkreuz hinzugefügt.
Das bis 1970 geführte Wappen verbandt die beiden Symbole (Schlüssel und Ankerkreuz) der früheren Stadtherren von Lügde, das Ankerkreuz des Pyrmonter Grafen und den Schlüssel des Kölner Erzstifts. Letzterem entsprechen auch die Kölner Farben Schwarz und Weiß.
Heraldisch besteht das Wappen nur aus dem Wappenschild mit seinem Inhalt, die Mauerkrone ist eine Zugabe des preußischen Heroldsamtes.
Nachstehend die Wappen der Stadt Lügde bis 1970 und ab Großgemeindebildung. Wiedergegeben ist auch ein Siegel der Stadt Lügde von 1284 (Staatsarchiv zu Münster - Falkenhagen 23). Umschrift des Siegels: „sigillum borgien e luden“.
Lügde – vom Kreis Höxter zum Kreis Lippe
Am 24. März 1969 unterzeichneten die Vertreter der Stadt Lügde sowie die Gemeinden Harzberg, Elbrinxen, Falkenhagen, Hummersen, Köterberg, Niese, Sabbenhausen und Wörderfeld einen Gebietsänderungsvertrag, der den Zusammenschluss aller Gemeinden zu einer neuen Gemeinde zum Inhalt hat. Rischenau war zunächst nicht vertreten.
Am 11. November 1969 beschloss der Landtag NRW das Gesetz zur gemeindlichen Neuordnung des Kreises Detmold. Gemäß § 7 des Gesetzes wurde per 1.1.1970 eine neue Großgemeinde Lügde gebildet (unter Einschluss der Gemeinde Rischenau). Die neue Großgemeinde Lügde wurde dem Kreis Detmold zugeordnet. Der Kreis Detmold schloss sich später mit dem Kreis Lemgo zum neuen Kreis Lippe zusammen. Die Kernstadt schied damit aus dem Kreis Höxter aus.
Nach Hermann Engel (a.a.O. S. 195) hat damit der „westliche Nachbar Lippe”, der bereits im 13. Jahrhundert bei der Gründung des „oppidum lude” die wesentlichen Impulse gegeben hatte, sein „Patenkind” aufgenommen.
Weiterhin dürfte unbekannt sein, dass es auch schon früher Überlegungen gab, die Kernstadt an den Kreis Detmold anzuschließen. Die Fürstin Pauline von Detmold hatte damals jedoch aus den verschiedensten Gründen die einzige Chance zu einer Gebietsvermehrung ausgeschlagen, die sich überhaupt bot (s, E. Kittel a.O. S. 199).
Der Bürger in der Geschichte
Das heutige Recht unterscheidet den Begriff Bürger und Einwohner. Bürger ist, wer an den Wahlen zum Stadtrat teilnehmen kann, Einwohner ist, wer in der Stadt wohnt (§ 6 Gemeindeordnung NRW).
Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein war der Bürgerstatus in der Regel nur den Städten vorbehalten. Man musste, um z. B. als Auswärtiger den Bürgerstatus erlangen zu können, einen entsprechenden Antrag an den Magistrat (Stadt) stellen, bestimmte Vorbedingungen erfüllen, den Bürgereid leisten und hierfür auch eine Gebühr zahlen.
Nur Bürger hatten bestimmte Rechte, sie konnten ein “bürgerliches Gewerbe” ausüben und Grund und Boden erwerben. So wichtig damals der Bürgereid auch war, er wurde bedeutungslos, als sich in Deutschland die Gewerbefreiheit durchsetzte, also im späten 19. Jahrhundert.
Welchen Stellenwert man damals dem Bürgereid beimaß, kann man heute kaum noch nachempfinden. Man musste sich gegenüber der Obrigkeit (Stadt und vor allem dem Landesfürsten) zu Gehorsam verpflichten und alles noch mit einer religiösen Eidesformel bekräftigen. Der Text des Eides spiegelte den damaligen Zeitgeist treffend wieder, auch werden die eigentlichen Schwerpunkte des täglichen Lebens (Feld, Wald, Wiesen) besonders hervorgehoben.
Bürgereid in Lügde
“Wir schwören bei Gott dem Allmächtigen einen leiblichen Eid, dass wir Seiner Majestät von Preußen, unserem allergnädigsten König und Herrn, sodann der Obrigkeit der Stadt Lügde jederzeit treu und gehorsam zu sein; was auch immer von Obrigkeitswegen befohlen, sofort mit Treue und Fleiß willig ausrichten; hingegen aber, was verboten, meiden und unterlassen wollen, dem Aufrufe der Obrigkeit überall folgen und unter keinem Vorwande zurückbleiben. Dann auch ferner hiesiger Stadt Güter und Gerechtigkeiten treulich wahrnehmen, derselben Nutzen und Besten überall befördern und besonders Schaden und Nachteile in Hölzern (Wald), Knicken (1), Landwehren, Feld, Wasser, Wiesen und Weiden ohne Scheu verwahren, abwenden und alles soweit wie möglich verhüten. Auch unsere Mitbürger oder sonst wer, wolle keinen Schaden oder Nachteil selbst, seiner Sachen, noch Zugaben, dasselbe von anderen beschädigt werden. Alles wie es einem ehrlichen Manne und Bürger geziemet. So war mir Gott helfe durch Jesus Christus zur ewigen Seligkeit!”
Löscheimer aus Leder, zu sehen im Heimatmuseum Lügde [Foto: Volker Thiele] Interessant ist auch, dass bei Zuzug oder zum Erwerb des Bürgerrechtes ein Löscheimer nachgewiesen werden musste. Siehe dazu: „1797, der große Stadtbrand in Lügde”.
(1) Knicke: Lebender Zaun (Hecke) im Weideland, der regelmäßig (der Höhe und Breite wegen) gekappt (früherer Ausdruck: geknickt) wurde.
Hochwasserkatastrophen
Innerhalb der letzten 400 Jahre hat es in Lügde 17 Hochwasserkatastrophen gegeben. Die Hochwasserkatastrophen von 1775 und 1946 waren die schwersten.
Bei einem Hochwasser der Emmer liegt der Wasserspiegel über dem Niveau der Altstadt. Die Altstadt wäre damit –auch in frühern Jahrhunderten – ständig bei starken Niederschlägen oder bei Schneeschmelze überflutet, wenn es die Stadtmauer, welche die gesamte Altstadt umschließt, nicht gäbe. Die Lücken in der Stadtmauer (Straßen beziehungsweise Wege) können bei Bedarf verschlossen werden. Trotz dieser Sicherungseinrichtung ist es immer wieder vorgekommen, dass im Hochwasserfalle die Mauer beschädigt wurde. Auch das aufsteigende Grundwasser ist eine große Gefahr. Anfang der 5oer Jahre hat die Stadt deshalb ein Schöpfwerk in der Emmerstraße errichtet, welches mit drei großen Wasserpumpen eingedrungenes Wasser sicher aus dem Stadtbereich entfernt.
Die Hochwasserkatastrophe am 8. Februar 1946 stellte die bisher aus der Überlieferung bekannte größte Hochwasserkatastrophe von 1775 noch weit in den Schatten. Das Wasser erreichte gegen 23 Uhr den höchsten Stand; auf dem Marktplatz zwei Meter und an niedrigen Stellen der Stadtmauer zweieinhalb Meter. An Vieh sind umgekommen:
- 78 Milchkühe,
- 98 Rinder,
- 11 Kälber,
- 42 Schweine,
- 15 Schafe und Fohlen,
- eine Menge Kleinvieh
- und 55 Bienenvölker.
In vielen Häusern waren schwere Schäden zu verzeichnen. Der Gesamtschaden wurde damals auf 1 Millionen Mark beziffert . Ein besonderes „Nadelöhr” für den Abfluß der Emmer im Hochwasserfall war die Region vor der Emmerbrücke. Neben einer intakten Stadtmauer war es unbedingt erforderlich, den Wassserabfluß der Emmer nicht durch ein ungeeignes Brückenbauwerk unnötig zu behindern. Die heutige Emmerbrücke erfüllt den Zweck durch ihre weitreichenden Brückenbögen, frühere Brückenbauwerke beschränkten ihre gemauerten Steinbögen auf das Nötigste, ergänzt wurden diese Bauwerke jedoch durch Pfahlkonstruktionen.
Irene Weidauer hat die Hochwasserkatastrophe als Kind erlebt. Ihre Erinnerungen an diese Katastrophe hat sie für uns aufgeschrieben.
Historie der Ortsteile
Die ersten Hinweise über menschliche Tätigkeit im Raum der heutigen Südstadt stammen aus der Mittelsteinzeit. Aus der Jungsteinzeit sind Steinbeile (Elbrinxen, Wörderfeld, Hummersen und Rischenau) gefunden worden. Auch gibt es Relikte aus der Bronzezeit (Hügelgräber Falkenhagen - Henkenbrink, Sabbenhausen und Hummersen).
Der Raum um die heutigen Ortschaften Elbrinxen, Falkenhagen, Hummersen, Köterberg, Niese, Rischenau, Sabbenhausen und Wörderfeld verblieb um 1180 bei der Restgrafschaft Schwalenberg. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts gründeten die Schwalenberger Grafen Burg und Stadt Rischenau.
Die Zeit des 14. Jahrhunderts war gekennzeichnet durch ständige Verpfändungen, Verkäufe und Wiedereinlösungen von Gebietsteilen, durch Seuchen und durch Fehden, die der Weiterentwicklung des Raumes nicht dienlich waren. In der Eversteiner Fehde (1407) bzw. in der Soester Fehde (1447) wurden Falkenhagen und Rischenau sowie viele umliegende Dörfer zerstört, die zerstörten Dörfer waren lange Zeit nicht mehr bewohnt. Falkenhagen lag lange Jahre verlassen, andere Siedlungen verschwanden für immer.
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden die Dörfer Hummersen, Köterberg, Sabbenhausen, Niese und Wörderfeld neu besiedelt.
In Rischenau waren im 19. Jahrhundert eine Hessische und eine Thurn- und Taxische Posthalterei. Die Posthalterei wurde 1905 aufgelöst.
Die Ortschaften können heute eine gesunde städtebauliche Entwicklung vorweisen, sie sind Wohn- und Arbeitsplatz für viele Bürger geworden und sind auch im Bereich des Fremdenverkehrs aktiv. Auch wurden zahlreiche Preise in den Wettbewerben “Unser Dorf soll schöner werden” (Bundes- und Landesebene) erzielt.