Ziegenbrunnen
Allmorgendlich wurden die Ziegen mit dem Horn gerufen und vom Lügder Ziegenhirten geleitet. Am Abend führte er die Ziegen zum Treff am Marktplatz zurück, wo sie von ihren Besitzern abgeholt wurden. An diese Lügder Besonderheit erinnert unser Ziegenbrunnen, den wir 2015 eingeweiht haben. Der Künstler Bernd Maro aus Wunstorf hat den Brunnen gestaltet.
Die früheren Bewohner der mittelalterlichen Stadt Lügde waren keine betuchten Bürger, sondern zumeist sogenannte Ackerbürger, die sich von einer kleinen Landwirtschaft und ihrer Viehhaltung ernähren mussten. Zum Vieh gehörte in früheren Zeiten auch die Ziege, die in fast jedem Haus gehalten wurde und deren Milch getrunken oder z.B. zu Butter oder Käse weiterverarbeitet wurde. So gab es vor dem großen Stadtbrand von 1797 400 Ziegen in Lügde.
Bei den hier vorhandenen spezifischen topographischen Verhältnissen sind neben den flachen Emmer-wiesen auch kleinstrukturierte Berg- und Steilhänge anzutreffen, die mit Hecken und Buschwerk bewachsen sind, deswegen landwirtschaftlich nicht genutzt werden konnten und keinen Ertrag einbrachten. Solche Flächen werden als Hutungsflächen bezeichnet. Sie sind z.B. entlang des Eschenbaches, am sogenannten Zwetschgenbrink oder auch am Kirchberg zu finden. Die Hutungsflächen sollten jedoch auf Dauer nicht verbuschen oder verwildern. Der Bewuchs musste kurz gehalten werden. Hierfür eignete sich ideal der Einsatz der Ziegen, somit eine Situation, von der sowohl Natur und Landschaft als auch Ziegenhalter profitiert haben.
Eine weitere, für Lügde typische Besonderheit lag darin, dass die Ziegenhaltung zwar individuell in den einzelnen Häusern stattfand, der tägliche Austrieb jedoch quasi „genossenschaftlich“ organisiert wurde. Allmorgendlich wurden die Ziegen mit dem Horn gerufen und vom -Lügder Ziegenhirten zur Beweidung der Hutungsflächen - geleitet. Vom morgendlichen Austrieb durch die Mittlere Straße existieren noch die historischen Fotos. Am Abend wurden die Ziegen vom Hirten zum Treff am Marktplatz zurückgeführt und von ihren Besitzern abgeholt, wenn die Ziege denn nicht gar den Weg allein zurück nach Hause fand. Ab 1956 wurde die Ziegenhaltung nach und nach aufgegeben.
An diese Lügder Besonderheit, die auf das Leben in der historischen Altstadt verweist, eine Geschichte erzählen kann und die tägliche „Ziegenversammlung“ am Marktplatz aufgreift, erinnert der Lügder Ziegenbrunnen. Er wurde durch den Künstler Bernd Maro aus Wunstorf gestaltet und am 9. Mai 2015 eingeweiht.
Fotoserie vom Bau des Ziegenbrunnens
Erinnern Sie sich noch an den alten Brunnen auf dem Marktplatz in Lügde? So sah er aus:
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Begonnen haben die Arbeiten bereits am 23.3.2015. Plastersteine wurden wieder aufgenommen. Mit Bagger und Schaufeln wurde nach Leitungen „gesucht“.
Mittwoch, 25.3.2015: Die „Archäologen“ vom Bauhof gehen akribisch vor.
Die ersten Tage haben wir im Rathaus die Kollegen vom Bauhof und Wasserwerk beneidet: „Die dürfen bei dem herrlichem Frühlingswetter auf dem Marktplatz arbeiten“ Doch zum Wochenende verschlechterte sich das Wetter zusehends …
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Donnerstag, 26.3.2015: Heureka! Die „Archäologen“ sind fündig geworden. Die beim Bau des neuen Marktplatzes schon eingebauten Ver- und Entsorgungsleitungen werden für den Marktplatzbrunnen passend verlängert.
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Montag, 30.3.2015: Es ist regenerisch. Die Anschlüsse für die Ver- und Entsorgung wurden gesetzt, und die „Grabungsstätte“ kann schon wieder ordentlich verschlossen werden.
Trotz heftiger Regenschauer und Strumböen – über Deutschland jagt ein großer Orkan den nächsten – die Kollegen vom Bauhof und vom Wasserwerk setzen ihre Arbeit unbeirrt fort.
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1.4.2015: Die Verschalung für den Brunnen ist gesetzt. Ein Achteck in Form eines Oktagons.
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2.4.2015: Gründonnerstag. Es schneit! Egal. Die Bewehrung wird trotzdem verlegt.
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2.4.2015: Feinschliffarbeiten an der Bewehrung.
Ein Schneeschauer folgt dem nächsten. Und in drei Tagen ist Ostern.
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Der Betonmischer ist vorgefahren. In den Brunnen mit den Beton! Liest sich komisch, nicht wahr?
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Beton wird im Brunnen verteilt und verdichtet.
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Sorgfältig achten die Kollegen darauf, dass der Beton die Brunnensohle vollständig verfüllt.
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Die Betonsohle vom Ziegenbrunnen ist fertig. Nun kann sie über Ostern aushärten.
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Nachdem die Kollegen vom Bauhof das Beton-Oktagon mit Folie „versteckt“ hatten …
… kamen zwei Zi…, nein Frauen, und schmückten die Baustelle mit „Baustellenschildern“.
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Und mit den Damen und den Schildern kam die Sonne …
… aber leider nur kurz.
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15.4.2015: Das Wetter probt den Sommer. Das Betonfundament für den Ziegenbrunnen ist ausgehärtet. Und die ersten drei Randsteine wurden schon mal gesetzt.
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Die Randsteine werden in Mörtel gesetzt und an den Seiten miteinander verklebt.
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Mittagspause. Zeit für ein Detailfoto ohne dabei den Fachleuten im Weg zu stehen.
Übrigens: Die Steine sind aus Naturstein gesägt – genauer: Wesersandstein.
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Sechs von acht. Zu sehen, der Mörtel auf dem Fundament.
Natürlich wird auch die Unterseite der Steine mit Mörtel „bestrichen“. Wenn man sich das Bild genauer hinschaut, lässt sich das erkennen.
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Präzisionsarbeit: Zunächst ist der Baggerfahrer gefragt, der mit ruhiger Hand den Stein möglichst genau absetzen muss.
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Damit die Steine präzise aneinander passen und dabei waagerecht stehen, werden sie anschließend mit Hebeln aneinander gerückt und mit Holzkeilen millimetergenau positioniert.
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Die „Nahtstellen“ werden noch verfugt.
Übrigens, der achte Randstein wird noch nicht gesetzt. Er wird im Werk so gesägt, dass er tausendprozentig (in die Lücke) passt.
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16.5.2015: Auf dem Programm heute: Den Achten vom Achteck einsetzen. Der „Schlussstein“ ist im Werk angepasst worden.
Zu sehen: Das Mörtelbett für die Unterseite des achten Randsteines. Zusätzlich bekommt er vor dem Einsetzen noch einen „Anstrich“ von unten.
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Die Seitenwände des Steines werden mit Kleber „eingecremt“ …
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Nachdem der Baggerfahrer den an Seilen hängenden Stein mit dem Bagger vorsichtig in der Lücke abgesetzt hat …
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… wird er mit der Schwerlastzange noch nachjustiert.
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Die Feinjustierung des rund eine Tonne wiegenden Steines erfolgt dann händisch …
… aber mittels Hebeltechnik.
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17.4.2015: Freitag. Markttag. Macht nichts. Am Ziegenbrunnen wird weiter gearbeitet. Heute auf dem Programm: Den Brunnen mit Estrich „verfüllen“.
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Nach und nach wird der Estrich aufgebraucht und „in Form“ geglättet.
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Wie so oft im Leben: Was so einfach aussieht, verlangt dennoch viel Geschick.
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Die letzten Quadratzentimeter Estrich werden „von außen gerichtet“.
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Anschließend kommt der Estrichglätter zum Einsatz.
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Akrobatische Einlagen gehören selbstverständlich auch zu diesem „Programmpunkt“.
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20.4.2015: Bestes Wetter. Zunächst soll der „Wasserspender“ für den Brunnen aufgestellt werden.
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Der Standort am Brunnen wird eingemessen …
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… und schon kommt der „edle Spender angeflogen“.
„Etwas mehr nach links!“
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Die Rückseite des „Wasserspenders“.
Unten zu sehen: zwei Versorgungsanschlüsse.
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Alles in Ordnung. Der schwere Stein wird noch mal angehoben …
… damit an seinem Standort der Zwei-Komponenten-Kleber aufgetragen werden kann.
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Vorsichtig setzt ihn der Baggerfahrer wieder ab.
Solange wie der Kleber aushärten muss, wird der Stein mit Schraubzwingen befestigt.
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Die Steinstele, die später den Part des Wasserspenders übernimmt, steht, und schon geht es mit dem Brunnenbelag weiter …
… Auf dem Estrich ist eine Drainagematte verlegt worden.
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Anschließend wird eine Schicht aus Drainagemörtel aufgetragen.
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Der Drainagemörtel wird gleichmäßig auf dem mit der Drainagematte ausgelegen Brunnenboden verteilt.
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16.53 Uhr – der Drainagemörtel kann aushärten.
Haben Sie mitgezählt, aus wie vielen Schichten die Brunnensohle besteht? Wenn Sie glauben, dass dieser„Schichtkuchen“ nun vollständig ist – dann muss ich Sie enttäuschen …
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21.4.2015: Wieder ein voller Terminplan an der Baustelle Ziegenbrunnen. Die „Nähte“ der Brunnen-Randsteine werden vom herausgequollenen Kleber gereinigt.
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Kleine, lose Steinchen auf dem Drainagemörtel werden vorsichtig abgesaugt.
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Am Vortag gegrabene Löcher außerhalb des Ziegenbrunnens werden wieder verfüllt – mit Beton.
Das sind die Fundamente für die Plastiken oder für die Fundamente der Plastiken.
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Auf den Fundamenten werden später die Ziegen
angebundenverschraubt. -
Die nächste Schicht im Brunnen wird aufgetragen: Dichtungsschlemme.
Diese Schicht dient auch dazu, die Oberfläche des Drainagemörtels zu verfestigen.
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Und es gibt noch mehr große Steinblöcke …
… aber außerhalb des Ziegenbrunnens.
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Das sind die Fundamente auf den Fundamenten (siehe oben). Wait what? …
… Na, einige Ziegen werden nicht ebenerdig angebunden. Sie werden auf diesen Steinblöcken exponiert.
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Um die Steinblöcke in Waage zu bringen, gibt es viele Möglichkeiten …
„Hau mir zwischen die Füße ,Kleiner‘!“
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22.4.2015: Temperatursturz. Vom Sommersonnenwetter zurück in den April. Die gestern aufgetragene Dichtungsschlemme wird zunächst angeschliffen …
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… anschließend wird eine weitere Schicht mit Dichtungsschlemme aufgetragen.
Na, die wievielte Schicht ist das?
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Wieder braucht das Material Zeit zum Aushärten.
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23.4.2015: Die nächste Schicht. Auf der ausgehärteten Dichtschlemme werden Kieselsteine verklebt.
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Die Kieselsteine werden jedoch nicht einzeln verklebt …
sondern in Matten, wie sie ab Werk geliefert wurden.
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Nun ist er fast fertig, der
Fußsohlen-Massage-BelagBrunnenbelag. -
28.4.2015: In den vergangenen Tagen ist der ausgehobene Randbereich des Brunnen wieder verfüllt worden.
Hier wird das Einbaumaterial am Brunnenrand verdichtet.
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Danach können auch die Pflastersteine wieder verlegt werden.
Bei einem Oktagon-förmigen-Brunnen, müssen viele Steine zugeschnitten werden.
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29.4.2015: Die im Brunnen verlegten Kieselsteinmatten sind zwischenzeitlich verfugt worden.
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Anschließend wird die Oberfläche des Belages sorgfältig gereinigt …
… während an den äußeren Rändern des Brunnens …
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30.4.2015: … die Pflasterarbeiten fortgeführt werden.
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4.5.2015: Erste Premiere: „Schaut mal! Wasser aus Stein!“
Zweite Premiere: „Wasser aus Stein“ füllt erstmalig den Brunnen.
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Dritte Premiere: Mit dem Wasser kommen auch die Namensgeber – die Ziegen.
Noch zieren sich einige Ziegen. Sie möchten sich partout nicht zu erkennen geben.
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Ein kleines Zicklein dagegen fragt sich wohl:
„Wenn ich auf diesen Stein klettere, sehe ich dann mehr vom Brunnen?“
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Damit die Bronzefiguren sauber befestigt werden können …
… werden für die Befestigungsschienen Vertiefungen in den Beton gestemmt.
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Auch wenn er sein Gesicht ebenfalls noch nicht zeigen mag …
… das wird der Ziegenhirte sein.
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„Hey Dirk, gib mal mehr Druck auf die Leitung! Die Ziegen haben Durst!“
Auch so etwas will reguliert sein.
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Die Halterungen der Exponate in den Aussparungen des Betons.
(Das ist übrigens die „Zickenalarm-Szene“ im Gesamtkunstwerk.)
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Sie möchten wissen, wer sich da so angeregt mit dem Ziegenhirten unterhält?
Das ist der „Ziegenbrunnen-Vater“ Günter Loges. Folgender Dialog-Mitschnitt ist uns überliefert: „Du Günter, besorg' mir mal eine größere Bank. Diese ist zu klein. Ich mag hier nicht sitzen.“ „Kein Problem. Komm in drei Tagen wieder, dann steht hier eine neue Bank.“
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Premiere Nr. 4: Der „Whirlpool“-Düsen und die „Unterwasser-Wasserspender-Illumination“ …
… (siehe Rotlicht) wurden eingeschaltet.
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Die „Zickenalarm-Szene“ wird für die Ewigkeit fixiert.
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Ein kurzer Blick auf die Brunnentechnik.
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5.5.2015: Nicht nur Ziegen haben zum gleichnamigen Brunnen gefunden …
Diesem Gesellen juckt das „Fell“. Vom Anblick der vielen Ziegen? Wer weiß …
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6.5.2015: Die Pflasterarbeiten in Nähe der Kunstwerke gehen weiter …
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„Sie wollen wissen wie ich von vorn aussehe?“
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„So sehen Ziegen aus!“ (Oder so ähnlich – Anmerkung der Redaktion)
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7.5.2015: Noch zwei Tage bis zur Einweihung des Ziegenbrunnens …
… die „Bank“ für den Ziegenhirten muss noch ausgetauscht werden – sie ist zu klein.
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Die kleinere „Bank“ ist verstaut, die neue, größere schwebt herbei.
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Im frischen Speis-Bett wird der Stein ausgerichtet …
Der Ziegenbrunnen-Vater (rechts im Bild) kontrolliert alles genau.
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Gleiche Bühne, andere Ecke …
… die Pflastersteine werden festgerüttelt.
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Zwischenzeitlich ist auch der Ziegenhirte zurück. Mit seiner neuen, größeren Bank scheint er einverstanden zu sein.
„Hoch den Fuß! Ich muss hier noch das Fundament anpassen.“
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Die Grundreinigung des Brunnenbeckens vor der eigentlichen Premiere.
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Die wieder ergänzten Pflastersteine werden eingeschlemmt.
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Mann muss sich zu helfen wissen.
Der beschirmte Herr hier ist übrigens der Künstler – Bildhauer Bernd Maro. Die Ziegenbrunnenexponate hat er erschaffen.
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Pflasterarbeite zu Füßen des Ziegenhirten.
„Junge, hau mir bloß nicht auf meine frischpolierten Stiefel!“
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8.5.2015: Nach der gründlichen Reinigung des Marktplatzes ist der Ziegenbrunnen bereit für seine „Taufe“.
Die heute Morgen aufgestellten Markthütten lassen erahnen …
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… hier auf dem Marktplatz ist in Kürze was los.
Der 1. Lügder Zickenmarkt am 9.5.2015, bei dem der Lügder Ziegenbrunnen eingeweiht werden soll, kann starten.
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Der Lügder Marktplatz am 9.5.2015, dem Tag, an dem der Ziegenbrunnen eingeweiht wurde © Carolin Nasse 9.5.2015: Der 1. Lügder Zickenmarkt ist gut besucht …
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… und der Ziegenbrunnen ist ein Magnet, nicht nur für die Ziegen.
Suchbild: Wie viele Ziegen sind auf diesem Foto zu sehen?
Weitere Informationen
- Bauvorhaben Marktplatzbrunnen
- Einladung zum 1. Lügder Zickenmarkt
- Das »Baustellenschild« (PDF)
- 1. Lügder Zickenmarkt und Tag der Städebauförderung
[Text: Volker Thiele]